Wie sieht die Zukunft der Pflege aus?

Digitaler Pflegeübungsraum Skills-Lab. Foto: drh
Kirchenkreise Soest-Arnsberg, Hamm, Unna (drh) - Sie waren die Helden während der Coronazeit, für die an Fenstern europaweit geklatscht wurde: die Pflegekräfte. In ganz Deutschland herrscht Fachkräftemangel und der Bedarf ist hoch, die Ausbildung ist mittlerweile hochmodern. Über digitale Pflegeübungsräume, Fachkräftemangel und die Zukunft der Pflege sprechen wir zum Tag der Pflege mit Heike Brauckmann-Jauer, Leiterin der zwei Fachschulen für Pflegeberufe der Diakonie Ruhr-Hellweg in Unna und Bergkamen.
Klatschen am Fenster für Pflegekräfte ist längst vorbei. Die Arbeit ist die gleiche geblieben. Hat sich seit Corona der Blick auf Pflegeberufe in der Gesellschaft nachhaltig geändert? Was ist ihr Eindruck?
Heike Brauckmann-Jauer: Also die Menschen sind auf jeden Fall seit Corona sensibler für das Thema Pflege geworden. Es gibt mehr Wertschätzung, auch weil die Presse damals sehr emphatisch berichtet hat. Viele Menschen hat es sehr betroffen gemacht, dass zum Beispiel in Pflegeeinrichtungen lange kein Besuch möglich war. Die Pflegekräfte waren oft die einzigen Ansprechpersonen für die Bewohnerinnen und Bewohner und man hatte plötzlich einen Einblick in die Arbeit des Pflegeberufes, was Pflege alles leistet. Auch in der Politik hat sich etwas getan. Die Entlohnung wurde angehoben, es gibt nun einen Mindestlohn, der gezahlt werden muss.
Sie haben gerade zehn Absolventinnen und Absolventen an der Pflegeschule in Bergkamen ins Berufsleben verabschiedet. Alle haben bereits einen Job gefunden, der Bedarf ist richtig hoch, oder?
Brauckmannn-Jauer: Ja, total. Wir haben Schülerinnen und Schüler, die oft schon am Ende des zweiten Ausbildungsjahres einen Vertrag in der Tasche haben, so wie jetzt in Unna, wo die Ausbildung an unserer Schule erst im September endet. Die Chancen am Markt sind super, viele werden auch direkt übernommen.
Stichwort Fachkräftemangel: Gerade in den sozialen Medien fällt auf, wie hart um Pflegekräfte geworben wird. Da werden zum Beispiel hohe Wechselprämien gezahlt. Was ist entscheidend, damit Pflegefachkräfte auch langfristig in einem Unternehmen bleiben?
Brauckmann-Jauer: Geld ist nicht alles. Dafür, dass Pflegekräfte langfristig bleiben, braucht es sehr gute Arbeitsbedingungen. Gute Pflegehilfsmittel, eine moderne Ausstattung, die Dienstplangestaltung sollte ausgewogen sein. Und dann zählen denke ich auch die „weichen“ Faktoren: ein gutes Team, Zufriedenheit, eine Leitung, die Bedürfnisse erkennt. Da gibt es viele Dinge, die ineinander spielen.
Was viele Außenstehende oft nicht wissen: Wie umfangreich und hochmodern die Ausbildung mittlerweile ist. An den beiden Pflegefachschulen in Unna und Bergkamen kommen zum Beispiel „Skills Labs“ zum Einsatz. Was genau ist das und wie wirkt sich das auf die Ausbildung aus?
Brauckmann-Jauer: Ein Skills Lab ist ein digitaler Übungsraum, den wir an unseren beiden Schulen haben, und worauf wir sehr stolz sind. Es gibt verschiedene digitale Übungspuppen, hochmoderne Audio- und Videotechnik. Eine Schülergruppe muss zum Beispiel an der Puppe, die mit den Schülern kommuniziert und Rückmeldungen wie Schmerzen gibt, den Blutdruck messen oder einen Katheter legen. Im Klassenraum nebenan kann der Rest der Klasse alles live per Video verfolgen und beurteilen. Es ist quasi eine echte Situation, vergleichbar mit einem Einsatz in der Altenpflege oder auf einer Kinderstation, nur eben viel moderner und für alle zugänglich.
Schauen wir in die Zukunft. Da sehen wir einen großen Bedarf, auch weil die Gesellschaft immer älter wird. Wie können Sie junge Menschen oder Quereinsteiger für den Beruf in der Pflege begeistern? Was macht den Beruf für Sie attraktiv?
Brauckmann-Jauer: Ich höre immer wieder: Die lebendige Arbeit mit den Menschen macht Freude. Es ist ein Beruf mit Sinn und Zukunft, wir bekommen viel Dankbarkeit zurück. Und dann sind die Berufsaussichten einfach sehr, sehr gut! Es gibt viele Chancen sich weiterzubilden und es ist ein vielseitiger Beruf, denn als generalistisch ausgebildete Pflegefachkraft kann ich sowohl in der Alten-, Kranken- oder Kinderpflege arbeiten, aber auch in der Psychiatrie. Wir möchten an unseren Schulen aber nicht nur fachlich gut ausbilden, wir begleiten unsere Auszubildenden sehr eng. Sie sollen sich wohlfühlen, das psychische Wohlergehen ist uns wichtig. Darauf legen wir großen Wert und das ist glaube ich auch eine Art Alleinstellungsmerkmal, welches wir hier in der Region haben.
Vielen Dank für das Gespräch!
Im Juni feiern die Fachschulen für Pflegeberufe der Diakonie Ruhr-Hellweg ihr 30-jähriges Bestehen in der Region, jeweils mit einem Tag der offenen Tür. Diese finden am 5. Juni in Unna und am 7. Juni in Bergkamen statt. Für Interessierte gibt es viele Informationen rund um den Pflegeberuf und das praktische und digitale Lernen im „Skills Lab“.
Alle Infos dazu sind nachzulesen auf www.diakonie-ruhr-hellweg.de