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„Es kann jeden treffen“

Interview mit Schuldnerberaterin Stefanie Gernhold

Stefanie Gernhold arbeitet in der Schuldnerberatung der Diakonie Ruhr-Hellweg. Foto: drh

Energiekrise, Inflation – viele Menschen sind derzeit ratlos, wie sie die steigenden Preise bezahlen sollen. Und: Die große Welle kommt wohl noch. Dass der Beratungsbedarf steigt und steigt, haben wir schon 2021 festgestellt. Nach den Wintermonaten erwartet Stefanie Gernhold von unserer Schuldnerberatung aber auch ganz aktuell einen enormen Anstieg an Beratungsbedarf.

 

Frau Gernhold, Sie kommen gerade aus einem Gespräch mit einem Klienten, Herrn K. Was bedrückt ihn?

Gernhold: Die Angst vor den hohen Energie- und Lebensmittelpreisen, vor unbezahlbaren Nebenkostenabrechnungen. Herr K. ist in den letzten zwei Jahren von einer Krise in die nächste geschlittert. Zuerst Corona, dann der Ukrainekrieg und die Energiekrise. Finanzielle Sorgen und Nöte betreffen nun auch die Mittelschicht, es kann jeden treffen.

 

Verändert das Ihre Arbeit?

Gernhold: Ja, durchaus. Ich habe in den 13 Jahren, in denen ich hier arbeite, noch nie so viele anonyme Anfragen bekommen. Es melden sich Menschen, die sagen: „Meine Gaspauschale ist von 150 auf 350 Euro hochgegangen, ich weiß nicht, wie ich das stemmen soll!“ Die Inflation und die Energiekrise belasten vor allem Personen mit kleinen Einkommen; auch Rentner*innen, die sich nicht trauen, ergänzende Sozialleistungen zu beantragen. Krieg und Energiekrise kommen für die Menschen gerade „obendrauf“. Menschen, bei denen es immer gerade so gepasst hat, bei denen aber nur noch etwas hinzukommen musste, suchen uns jetzt auf.

 

Das Thema Energiekrise wird Sie und die Ratsuchenden sicher noch länger beschäftigen …

Gernhold: Ja, die große Welle erwarten wir im Januar, Februar, vielleicht auch im März. Viele Menschen haben schon Energiepreiserhöhungen bekommen, andere aber noch nicht, und die fürchten sich davor.

 

Wie kann die Schuldnerberatung da helfen?

Gernhold: Zunächst mit dem Appell: Kommt bitte rechtzeitig zu uns! Häufig sind die Berge erst so groß geworden, dass die Menschen den Eindruck haben, sie schaffen es nicht mehr und sich sogar noch mehr zurückziehen. Der entscheidende Schritt, um aus der Situation herauszukommen, ist der, zu sagen: Helft mir bitte. Und das ist das, was Schuldnerberatung kann: Zusammen mit den Klient*innen zu sortieren, Schritt für Schritt den Berg zusammen abzutragen. Wenn die Menschen nicht vor dem Berg kapitulieren, sondern um Hilfe bitten, dann kriegen wir das hin.

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